13. Januar 2023

Konsolidierung in der Nachhaltigkeits­berichterstattung

Ab dem Geschäftsjahr 2023 ist die Berichterstattung über nichtfinanzielle Belange (Nachhaltigkeitsberichterstattung) für viele Unternehmen in der Schweiz Pflicht. Klar ist, wer von der Pflicht betroffen ist. Unklar bleibt, wie berichtet werden soll. Nicht so in der EU. Diese hat einen Standard entwickelt, nach welchem alle berichterstattungspflichtigen Unternehmen in der EU berichten werden müssen.

Nachhaltigkeitsberichterstattung EU

Grosse Publikumsgesellschaften, Banken und Versicherungen sind gemäss Schweizer Obligationenrecht ab dem Geschäftsjahr 2023 verpflichtet, über Umwelt-, Sozial- und Arbeitsnehmerbelangen sowie über Menschenrechte und Korruptionsbekämpfung zu rapportieren. Der erste Bericht unter diesem neuen Gesetz wird folglich 2024 für das Jahr 2023 fällig. Das Gesetz besagt, dass der Bericht unter anderem die wesentlichen Risiken, die sich aus der Geschäftstätigkeit, den Geschäftsbeziehungen sowie den Produkten und Dienstleistungen ergeben, zu umfassen hat. Der Gesetzgeber lässt jedoch offen, was im Detail unter der Wesentlichkeit zu verstehen ist und wie berichtet werden soll – mit Ausnahme der Berichterstattung über Klimabelange, für welche eine Verordnung verabschiedet wurde. Viele Unternehmen sind deshalb verunsichert, ob sie nach einem Standard rapportieren sollen und – wenn ja – nach welchem. In der EU sieht die Situation anders aus. Mit der neuen Richtlinie, Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), wurde direkt auch ein Entwurf für einen offiziellen Standard, die European Sustainability Reporting Standards (ESRS), publiziert.

 

Einen Schritt voraus

Die EU ist der Schweiz einen grossen Schritt voraus. Bereits seit 2014 gilt in der EU für Unternehmen von öffentlichem Interesse und mehr als 500 Mitarbeitenden die Berichterstattungspflicht über nichtfinanzielle Belange. Geregelt wurde das bisher in der Non-Financial Reporting Directive (NFRD). Im April 2021 nahm die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine neue umfassendere Richtlinie, die CSRD, an. Die CSRD bringt einige Änderungen im Vergleich zur Vorgänger-Richtlinie mit sich. Sie umfasst detaillierte Forderungen in Bezug auf die Berichterstattung, verlangt das Berichten nach dem von der EU entwickelten eigenen Standard und fordert das Prüfen des Berichts durch eine Auditierungsstelle. Zudem ist die CSRD für alle grossen Unternehmen, die mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllen, gültig: mindestens 250 Mitarbeitende, eine Bilanzsumme von mindestens 20 Mio. Euro, ein Umsatz von mindestens 40 Mio. Euro. Weiter gilt die neue Richtlinie für alle kapitalmarktorientierten KMU. Während von der NFRD ungefähr 12000 Unternehmen betroffen waren, wird die CSRD für etwa 50000 Organisationen gültig sein. Auch einige Schweizer Unternehmen sind von der CSRD betroffen. Denn für ausländische Unternehmen, die einen Nettoumsatz von mehr als 150 Mio. Euro in der EU erwirtschaften und über eine Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung in der EU verfügen, gilt die CSRD ebenso.

 

Entscheidungsgrundlage für Investor:innen

Die EU verfolgt mit der CSRD das Ziel, das Kapital in Richtung nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten zu lenken. Mit den neuen, strengeren Richtlinien sollen die Auswirkungen des Unternehmens auf die Umwelt und die Gesellschaft anhand messbarer Grössen deutlicher aufgezeigt werden sowie – insbesondere aufgrund des gemeinsamen Standards – vergleichbarer werden. So sollen sowohl Investor:innen als auch Kund:innen die Möglichkeit erhalten, sich auf Basis der ökologischen und sozialen Konsequenzen und Massnahmen der Unternehmenstätigkeit bewusst für bzw. gegen Unternehmen zu entscheiden. Die EU-Richtlinie wurde am 28. November 2022 vom Europäischen Rat angenommen und soll in den darauffolgenden 18 Monate in nationales Recht umgesetzt werden. Danach wird die CSRD schrittweise – von 2024 bis 2026 – ihre Gültigkeit erlangen.

 

Vergleichbarkeit dank Einheitlichkeit

Die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) hat eine Sammlung offizieller Berichtsstandards, den European Sustainability Reporting Standards (ESRS), entwickelt, nach welchen die unter die CSRD fallenden Unternehmen künftig berichten müssen. Die ESRS basieren auf einem sehr strukturierten Ansatz und umfassen einen umfangreichen Anforderungskatalog mit einem starken Materialiätskonzept. Die ESRS verfolgen das Konzept der doppelten Materialität. Das heisst, die Standards verbinden die finanzielle Materialität, welche auf das Unternehmen einwirkt, mit der Impact Materiality, also den Auswirkungen des Unternehmens auf die Stakeholder.

 

Unklare Rolle der freiwilligen Standards

Nachdem die Gesetzeslage mit der Verabschiedung der neuen Bestimmungen und Richtlinien in der Schweiz und der EU klar ist, bleibt die Situation in Bezug auf die freiwilligen Standards unsicher. Während sich die Schweizer Verordnung über die Berichtersattung über Klimabelange auf die Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) stützt, gibt der Bund für die Berichterstattung über die anderen Belangen keine Standards vor. Für die Berichterstattung gemäss EU-Recht bleibt des Weiteren unklar, ob es einen Mehrwert bietet, zusätzlich zu den ESRS nach einem freiwilligen Standard zu rapportieren. Für Firmen, die über die Grenzen der EU hinaus tätig sind, ist es sicherlich sinnvoll, weiterhin nach internationalen Standards, die mit dem ESRS kompatibel sind, wie bpsw. den Standards der Global Reporting Initiative (GRI), zu berichten.

 

Interessant könnten auch die IFRS Standards des 2021 gegründeten International Sustainability Standards Board (ISSB) sein, die zurzeit entwickelt werden und deren Ziel es ist, einen Mindeststandard für die weltweite investororientierte Nachhaltigkeitsberichterstattung darzustellen. Die IFRS Standards bauen auf bestehenden Standards auf wie bspw. denjenigen der TCFD oder des Integrated Reporting Framework des International Integrated Reporting Council (IIRC). Zudem besteht zwischen der IFRS-Stiftung und der GRI eine Kooperationsvereinbarung.

 

Bereitschaft zur Transparenz

Die Berichterstattung über ökologische und soziale Belange lohnt sich auch für Unternehmen, die nicht gesetzlich dazu verpflichtet sind, insbesondere wenn diese sowieso jährlich einen Geschäftsbericht publizieren. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung ist eine gute Standortbestimmung und hilft Unternehmen dabei, sich kontinuierlich zu verbessern und ihr Engagement gegen aussen zu zeigen. Das Wichtigste dabei (viel wichtiger als die Erfüllung eines Standards) ist eine ehrliche und transparente Berichterstattung. Als Agentur, die auch die nötige Aussensicht miteinbringt, können wir Unternehmen und Organisationen dabei unterstützen, einen objektiven und attraktiven Nachhaltigkeitsbericht zu publizieren.

Erfahren Sie mehr über unser Angebot im Bereich der Nachhaltigkeitskommunikation.

Weitere Infos

Zu den Standards & Richtlinien

Die neue EU-Richtlinie Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) liefert die Vorgaben, die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) definieren die Inhalte. Die Berichtsstandards greifen bestehende Rahmenwerke wie GRI, SASB und TCFD auf und setzen für verpflichtende Berichterstattung neue Massstäbe.

Zurzeit entwickelt werden die International Financial Reporting Standards (IFRS) des 2021 gegründeten International Sustainability Standards Board (ISSB) mit dem Ziel, einen Mindeststandard für die weltweite investororientierte Nachhaltigkeitsberichterstattung darzustellen.

 

Weitere News zum Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung:

01A4234-1-scaled-aspect-ratio-1920-1120
Newsletter
Erhalten Sie viermal pro Jahr Updates zu aktuellen Themen unserer Nachhaltigkeitskommunikation.
Jetzt abonnieren