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Europäische Studie zu Kommunikation und Public Relations

Der neuste Bericht des European Communication Monitor 2020 zeigt: Die PR-Branche in Europa hat Kompetenzlücken in den Bereichen Technologie und Datenmanagement, sowie zu wenig Frauen in Führungspositionen. Wir liefern einen Überblick der Ergebnisse.

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European Communication Monitor Die weltweit umfassendste Studie über strategische Kommunikation und Public Relations. Quelle: AdobeStock

Inmitten der Corona-Pandemie ist der diesjährige Bericht des European Communication Monitor entstanden und liefert gerade deshalb einen interessanten Einblick in verschiedene Kommunikationsstrategien in Europa. Über 2300 Kommunikatorinnen und Kommunikatoren aus 44 Ländern wurden zu den Themen ethische Herausforderungen, Gleichstellung, Informationssicherheit und Prioritäten bezüglich Kommunikationsstrategie befragt.

 

Analysiert wurden aktuelle und zukünftige Methoden in der Kommunikation von Unternehmen, Nonprofit- und anderen Organisationen sowie in Kommunikationsagenturen in ganz Europa. Ergänzt wurde der Bericht mit Studien in Nord- und Südamerika sowie Asien. Der seit 2007 jährlich publizierte European Communication Monitor bildet damit die weltweit umfassendste Studie über strategische Kommunikation und Public Relations.

 

Ethische Herausforderungen wachsen

Fake News, Verschwörungstheorien, Trolle: Sie fordern auch die auch die Kommunikationsbranche. Im vergangenen Jahr sah sich fast jeder zweite Kommunikationsverantwortliche (47 Prozent) in der täglichen Arbeit mit mehreren moralisch herausfordernden Situationen konfrontiert. Die Mehrheit verliess sich dabei auf die persönlichen Werte und Einstellungen (86 Prozent) oder auf Ethik-Richtlinien der eigenen Organisation (77 Prozent). Hingegen deutlich seltener konsultiert wurden Branchenkodizes (58 Prozent).

 

Im Vergleich zu den letzten Jahren lässt sich eine steigende Tendenz ethischer Probleme feststellen, was sich insbesondere durch die zunehmende Digitalisierung erklären lässt. Die ethischen Herausforderungen in Bezug auf digitale Technologien wie Social Bots, Big-Data, Sponsered Content oder Social Media Influencer werden von den Befragten denn auch kritisch betrachtet. Ein Grund dafür könnte aber auch darin liegen, dass nur eine Minderheit in den letzten drei Jahren an einer Ethik-Fortbildung teilgenommen hat; 40 Prozent haben gar nie einen solchen Kurs besucht.

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Ethische Herausforderungen Kommunikationsverantwortliche sehen sich in den letzten Jahren verstärkt mit ethischen Herausforderungen konfrontiert. Quelle: European Communications Monitor

Fehlende Kompetenzen zu Sicherheit im Internet

Ein Thema, das ebenfalls an Bedeutung gewinnt, ist Cybersicherheit. Das World Economic Forum (WEF) bezeichnete in ihrem letztjährigen Global Risk Report Cyperattacken und Datenmissbrauch als zwei der Top-5-Risiken für Unternehmen. Dem sind sich auch Kommunikationsverantwortliche bewusst: Fast zwei Drittel der Befragten (63 Prozent) gaben an, dass sie das Thema aufmerksam verfolgen; knapp 60 Prozent sieht Internetsicherheit als relevantes Thema in ihrer täglichen Arbeit an. Insbesondere Hackerangriffe auf Webseiten und Social-Media-Accounts werden befürchtet.

 

Mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Kommunikationsverantwortlichen haben bereits solche Cyberattacken erlebt; dies war aber vor allem bei grossen Unternehmen oder staatlichen Behörden der Fall, weniger oft bei kleinen Unternehmen, Agenturen oder Nonprofit-Organisationen. Hingegen haben nur ein Viertel der Befragten Kurse bezüglich Präventionsmassnahmen absolviert, weshalb der Bericht dieses Thema als Priorität für die zukünftige Entwicklung der Branche sieht.

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Sicherheit im Internet Mehr als die Hälfte der befragten Kommunikationsverantwortlichen haben bereits eine Cyber-Attacke erlebt. Quelle: European Communications Monitor

Wenig Frauen in Führungspositionen

Spätestens seit Geschlechtergleichstellung eines von 17 UN-Nachhaltigkeitszielen ist, erhält auch dieses Thema zunehmende Bedeutung. Zwar sind in drei von vier Kommunikationsabteilungen und -agenturen in Europa mehr Frauen als Männer angestellt, allerdings ist nur jede zweite Führungskraft eine Frau. Das Gender-Verhältnis zwischen Angestellten und Führungskräften stimmt also nicht.

 

Insbesondere Männer sehen in Sachen Gleichstellung in ihrem Unternehmen oder Organisation kaum Probleme, was von Frauen hingegen bestritten wird. Als die grössten Karriere-Hindernisse für Frauen in der Kommunikation werden organisationsinterne Hürden genannt. Darunter mangelnde Flexibilität, etwa zur Kinderbetreuung, sowie intransparente Beförderungsentscheidungen.

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Geschlechtergerechtigkeit Das Gender-Verhältnis zwischen Angestellten und Führungskräften stimmt nicht. Quelle: European Communications Monitor

Nachhaltigkeit wieder wichtiger

Vertrauen wird seit 2018 als das wichtigste Strategieziel in der Kommunikationsbranche definiert, insbesondere in staatlichen Institutionen. Nachhaltige Entwicklung und soziale Verantwortung folgen an nächster Stelle, sind allerdings für Nonprofit-Organisationen und Unternehmen generell wichtiger als für staatliche Behörden.

In der strategischen Kommunikation ist vor allem auch ein langfristiger Vergleich interessant: Während früher vor allem Werte wie Digitalisierung und Soziale Medien als wichtige Strategieziele erkannt wurden, machen sie in der aktuellen Studie weniger als die Hälfte der Werte aus. Nachhaltige Entwicklung und soziale Verantwortung hingegen waren bereits seit 2008 wichtige Werte (41 Prozent), doch fielen sie 2016 auf nur 15 Prozent. 2017 begann der Anstieg erneut, heute machen sie 37 Prozent der strategischen Ziele aus. Das zeigt, dass die Kommunikationsbranche gelernt hat, mit diesen Themen umzugehen und sie zu internalisieren, aber auch, dass solche Werte wieder neue Bedeutung gewinnen können.

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Nachhaltigkeit Unternehmen und Nonprofit-Organisation priorisieren sie höher, als staatliche Behörden. Quelle: European Communications Monitor
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