30. März 2022

Ausgangspunkt Wesentlichkeits­analyse

Die ökonomischen, ökologischen und sozialen Auswirkungen eines Unternehmens sind zahlreich und vielfältig. Die Entscheidung, welche Themen mit Priorität bearbeitet werden sollen, fällt daher nicht immer leicht. Eine Wesentlichkeitsanalyse kann helfen.

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Effizienz ist nicht nur für die Geschäftstätigkeit von Organisationen unabdingbar, sondern auch für deren Nachhaltigkeitsaktivitäten. Um das Bestmögliche im Sinne der Nachhaltigkeit zu erreichen, müssen die beschränkten personellen und finanziellen Ressourcen daher dort eingesetzt werden, wo sie am meisten bewirken können. Das heisst, die relevantesten Nachhaltigkeitsthemen müssen identifiziert werden. Die Identifikation der relevanten Themen bildet auch die Grundlage für einen aussagekräftigen und prägnanten Nachhaltigkeitsbericht.

 

Begriff der «Wesentlichkeit»

Wer nach den Standards der Global Reporting Initiative (GRI) rapportiert, ist gemäss Standard 101: Grundlagen 2016 verpflichtet, im Nachhaltigkeitsbericht nach dem Prinzip der «Wesentlichkeit» zu berichten (siehe News zu den GRI-Prinzipien). Als wesentlich gelten Themen gemäss GRI, wenn sie die «erheblichen ökonomischen, ökologischen und sozialen Auswirkungen» aufzeigen oder wenn sie «die Beurteilungen und Entscheidungen der Stakeholder erheblich beeinflussen».

In der Regel startet der Prozess zur Ermittlung der wesentlichen Themen mit einer Vorauswahl an Themen durch diejenige Person, die in der Organisation für Nachhaltigkeit verantwortlich ist. Die Gewichtung der vorausgewählten Themen findet anschliessend mittels interner und externer Analysen statt.

 

Expertenmeinungen, anerkannte Werkzeuge und Orientierungshilfen

Um die «Erheblichkeit der ökonomischen, ökologischen und sozialen Auswirkungen» beurteilen zu können, gibt es verschiedene Analysemethoden. Die differenzierteste Analyse erreicht man durch eine Kombination der verschiedenen Methoden. So sollten interne als auch externe Expert:innen des jeweiligen Fachgebietes herangezogen werden. Weiter sind insbesondere erprobte und anerkannte Werkzeuge, wie bspw. Ökobilanzen oder Lebenszykluskostenrechnungen, hilfreich. Orientierung bieten auch die Einschätzung vergleichbarer Organisationen betreffend der Relevanz von Themen sowie Branchen-Richtlinien und -Vereinbarungen.

 

Stakeholder-Umfrage

Um die zweite Dimension der Wesentlichkeit, d. h. den Einfluss auf «die Beurteilungen und Entscheidungen der Stakeholder» der Themen, abzuschätzen, müssen zuerst alle relevanten Stakeholder identifiziert werden. Je nach Organisationen können ganz andere Stakeholder von Bedeutung sein. Wichtig ist, dass externe (bspw. Kund:innen oder Lieferant:innen) als auch interne (bspw. Mitarbeiter:innen oder Aktionär:innen) Anspruchgruppen Beachtung finden. Der Puls der Stakeholder kann durch direkte Gespräche im Alltag sowie eine kontinuierliche Medienbeobachtung gefühlt werden. Zusätzlich braucht es eine gezielte Befragung von Vertreter:innen der relevanten Anspruchsgruppen zu ihren Informationsbedürfnissen und ihrer Gewichtung der Themen. Dies können qualitative Interviews und/oder quantitative Umfragen, bspw. mittels Google Formularen oder SurveyMonkey, sein.

 

Wesentlichkeitsmatrix

Wurden die Nachhaltigkeitsthemen gemäss ihrer Wesentlichkeit in Bezug auf ihre Auswirkungen und ihren Einfluss auf die Stakeholder gewichtet, können sie in der Wesentlichkeitsmatrix eingetragen werden. Je weiter oben bzw. rechts ein Thema auf der Nachhaltigkeitsmatrix ist, desto stärker sollte es im Nachhaltigkeitsmanagement und folglich auch im Nachhaltigkeitsbericht priorisiert werden.

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Auf einen Blick – Die Relevanz der Themen lässt sich in der Wesentlichkeitsmatrix gut darstellen. (Grafik: angelehnt an GRI 101: Grundlagen 2016)

Wesentlichkeit gemäss GRI ab 2023

In den ab 2023 geltenden GRI-Standards (die zurzeit noch ausschliesslich auf Englisch verfügbar sind) wird die Wesentlichkeitsmatrix nicht mehr abgebildet. Stattdessen wird ein 4-phasiger Prozess vorgestellt, den die Organisationen unter Beachtung der GRI-Branchenstandards und unter Einbezug von Expert:innen und Stakeholdern durchführen sollen.

 

Die vier Phasen sind:

  1. Verstehen des Kontextes der Organisation
  2. Tatsächliche und potenzielle Auswirkungen ermitteln
  3. Die Bedeutung der Auswirkungen einschätzen
  4. Priorisierung der wichtigsten Auswirkungen für die Berichterstattung

 

Auch wenn es sich bei der Wesentlichkeit um einen stark von GRI geprägten Begriff handelt, so lohnt sich die Wesentlichkeitsanalyse in Bezug auf Nachhaltigkeitsthemen für alle Organisationen, unabhängig davon, ob sie nach GRI rapportieren oder nicht. Denn bei einem ehrlichen Engagement für die Nachhaltigkeit liegt das Ziel immer darin, auf diejenigen Massnahmen zu fokussieren, welche die grösste Wirkung erzielen.

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