Von der Kür zur Pflicht
Noch vor ein paar Jahren konnte sich ein Unternehmen durch das blosse Vorhandensein eines Nachhaltigkeitsberichts positiv von seinen Mitbewerbenden abheben. Heute stellt die Nachhaltigkeitsberichterstattung für viele Unternehmen keine Profilierungsmöglichkeit mehr dar, sondern wird insbesondere von Kund:innen und Investor:innen ganz selbstverständlich gefordert. Ab 2023 ist das Berichten über Umwelt- und Sozialbelange für grosse Schweizer Unternehmen gar Pflicht von Gesetzes wegen.
Die Konzernverantwortungsinitiative, die im Herbst 2020 am Ständemehr gescheitert ist, zeigte mit dem Erreichen des Volksmehr und der hohen medialen Aufmerksamkeit dennoch, wie wichtig das Thema Nachhaltigkeit in der heutigen Gesellschaft ist. Auch zahlreiche Studien belegen, dass Informationen zur Nachhaltigkeit eines Unternehmens einen bedeutenden Einfluss auf Entscheidungen der Stakeholder haben.
Nachhaltigkeitsbewusste Kund:innen und Investor:innen
Insbesondere Konsument:innen legen grossen Wert auf Nachhaltigkeit, wie eine internationale Studie des Beratungsunternehmens Capgemini aus dem Jahr 2020 zeigt. So gab die Hälfte der befragten Verbraucher:innen an, dass sie eine emotionale Bindung zu Produkten oder Organisationen haben, die sie als nachhaltig wahrnehmen. Auch für Investor:innen ist die Nachhaltigkeit von grosser Bedeutung. In einer Umfrage der Beratungsgesellschaft Mazars aus dem Jahr 2021 gaben 93 Prozent der befragten institutionellen Investor:innen an, dass sie Nachhaltigkeitsreportings für wichtig halten. Als Unternehmen lohnt es sich folglich zweifelsfrei – unabhängig von Grösse und Branche – Massnahmen in den Bereichen Umwelt und Soziales umzusetzen und darüber zu berichten.
Berichterstattungspflicht über nichtfinanzielle Belange ab 2023
Für grosse Schweizer Publikumsgesellschaften, Banken und Versicherungen ist ein Nachhaltigkeitsbericht ab nächstem Jahr nicht mehr nur lohnenswert, um Kund:innen und Investor:innen zu gewinnen und zu binden, sondern vielmehr eine gesetzliche Pflicht. Denn der Gegenvorschlag, der nach dem Scheitern der Konzernverantwortungsinitiative zum Zuge kommt, sieht zwar keine Haftungsbestimmung vor, wie sie die Initiative gefordert hatte, jedoch eine Berichterstattungspflicht über nichtfinanzielle Belange für gewisse Unternehmen. Die neuen Bestimmungen für einen besseren Schutz von Mensch und Umwelt enthalten zudem Forderungen zur Sorgfaltspflicht und Berichterstattung im Zusammenhang mit Konfliktmineralien und Kinderarbeit. Die betroffenen Unternehmen haben nun ein Jahr Zeit, um sich auf die Änderungen, einzustellen, denn diese finden ab dem Geschäftsjahr 2023 Anwendung.
Welche Unternehmen sind von der neuen Berichterstattungspflicht betroffen?
Ein Schweizer Unternehmen ist zur jährlichen Berichterstattung über nichtfinanzielle Belange verpflichtet, wenn:
- es sich um eine Publikumsgesellschaft oder eine Gesellschaft des Finanzsektors handelt
- und das Unternehmen in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren durchschnittlich mindestens 500 Vollzeitstellen aufweist
- und seine Bilanzsumme 20 Millionen Franken überschreitet oder der Umsatzerlös 40 Millionen Franken überschreitet.
(Detailliertere Informationen finden Sie im Schweizer Obligationenrecht, Art. 964a.)
Gemäss Branchenexpert:innen erfüllen in der Schweiz rund 250 Firmen diese Anforderungen.
Transparente CO2-Ziele
Diese ca. 250 Unternehmen müssen ab dem Geschäftsjahr 2023 in einem Bericht über folgende Themen Rechenschaft ablegen:
- Umwelt, insbesondere die CO2-Ziele
- Soziales
- Arbeitnehmende
- Achtung der Menschenrechte
- Bekämpfung der Korruption
Für viele der 250 betroffenen Unternehmen ist das Messen und Ausweisen ihrer Treibhausgasausstösse sowie das Definieren von Massnahmen, um bis 2050 die CO2-Neutralität zu erreichen, eine Aufgabe, mit der sie noch nicht vertraut sind. In der 2021 durchgeführten CEO-Umfrage “25th Annual Global CEO Survey” von PWC gaben 91 Prozent der befragten Schweizer Firmen an, Treibhausgase derzeit nicht messen zu können. Es wartet also eine grosse Aufgabe auf die grossen Schweizer Firmen, damit auch die Schweiz ihren Beitrag ans Klimaziel von Paris leisten kann. Die Klimaberichterstattung wird ab 1. Januar 2024 Pflicht und fordert die Umsetzung der international anerkannten Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD).
Professionelle Unterstützung für den Nachhaltigkeitsbericht
Da der Nachhaltigkeitsbericht ein wichtiges Aushängeschild einer Firma ist, holen sich dafür viele Unternehmen konzeptionelle, textliche und gestalterische Unterstützung. Durch die Beteiligung von externen Kommunikations- und Nachhaltigkeitsexpert:innen können die Qualität des Berichts gesteigert und die internen Ressourcen entlastet werden. Gleichzeitig hilft die Aussensicht, Greenwashing zu verhindern.
Erfahren Sie mehr zu unseren Kompetenzen im Bereich Nachhaltigkeitskommunikation und wie wir Sie bei Ihrem Nachhaltigkeitsbericht unterstützen können.
Über die neuen Bestimmungen
Die neuen Bestimmungen gehen weniger weit als internationale Standards, wie z. B. die UN-Leitprinzipien zu Wirtschaft und Menschenrechten, welche eine umfassende menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung verlangen.
UN-Leitprinzipien zu Wirtschaft und Menschenrechten
Focusright hat ein Q&A für Unternehmen erstellt, um diese bei der Einführung einer menschenrechtlichen Sorgfaltsprüfung mit Fokus auf Kinderarbeit zu unterstützen. Es werden die wichtigsten Fragen zur Umsetzung der Sorgfaltsprüfung im Einklang mit internationalen Standards beantwortet.
Im Folgenden finden Sie noch Verweise zu den jeweiligen Studien:
- Umfrage der Beratungsgesellschaft Mazars
- Neue Bestimmungen für einen besseren Schutz von Mensch und Umwelt
- CEO-Umfrage „25th Annual Global CEO Survey“ von PWC
Weitere News zum Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung:
Durchblick bei den Standards (23. Februar 2022)
Die inneren und äusseren Werte zählen (28. Februar 2022)
Die 10 Gebote: GRI-Prinzipien (18. März 2022)
Ausgangspunkt Wesentlichkeitsanalyse (30. März 2022)
ZHAW-Studie zeigt aktuelle Trends der Nachhaltigkeitsberichte in der Schweiz (17. Januar 2023)