18. September 2024

Neue Green-Claims-Vorschriften: Was Schweizer Unternehmen wissen müssen

Umweltaussagen im Kontext von Produktwerbung und Unternehmenskommunikation, sogenannte Green Claims, sind allgegenwärtig. Und damit auch das Phänomen von irreführenden Umweltaussagen. Deshalb treten in der Schweiz und in der EU in naher Zukunft neue Greenwashing-Regulierungen in Kraft. Angesichts der Gesetzesänderungen müssen Unternehmen sicherstellen, dass ihre Umweltaussagen nachprüfbar sind, um potentielle Risiken wie rechtliche Beschwerden oder Reputationsschaden zu vermeiden.

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Laut einer Studie der EU-Kommission haben fast zwei Drittel der Konsument:innen Schwierigkeiten zu verstehen, welche Produkte wirklich umweltfreundlich sind. Daran Schuld sind Green Claims wie «klimafreundliches T-Shirt» oder «Produktversand mit hundertprozentiger CO2-Kompensation», welche von Unternehmen oft ohne Beweisführung gemacht werden und in vielen Fällen sogar falsch sind. Solche irreführenden Aussagen können zu einem Vertrauensverlust der Kundschaft führen und den Markt für nachhaltige Produkte insgesamt schädigen.

1. Richtlinie zu Green Marketing der Schweizerischen Lauterkeitskommission

 

Die Schweizerische Lauterkeitskommission (SLK) ist die unabhängige Institution der Kommunikationsbranche zum Zweck der werblichen Selbstkontrolle. Aufgrund zunehmender Beschwerden zu Greenwashing hat die SLK im November 2023 eine Richtlinie zu Green Marketing publiziert. Kerninhalte der Richtlinie sind folgende Prinzipien:

 

  • Wahrhaftigkeit und Klarheit: Alle umweltbezogenen Aussagen und visuellen Darstellungen müssen wahr, klar und nicht irreführend sein. Ungenaue Begriffe wie «nachhaltig», «umweltfreundlich» oder «grün» sollen nur verwendet werden, wenn sie präzise definiert und durch Fakten gestützt sind. Insbesondere wird Klarheit bezüglich Emissionskompensationsmassnahmen gefordert.
  • Nachprüfbarkeit: Unternehmen müssen proaktiv ihre Umweltaussagen mit überprüfbaren Daten belegen. Nachweise sollen den aktuellen wissenschaftlichen Standards und Methoden entsprechen.
  • Transparenz: Es muss klar kommuniziert werden, ob die Aussagen sich auf das ganze Produkt/Unternehmen oder nur auf einen Teil davon bezieht. Beweisführungen von Green Claims sollen zudem im gleichen Werbemittel aufgeführt und Details via Weblink oder QR-Code zur Verfügung gestellt werden.

 

Die Richtlinie ist nicht rechtsverbindlich. Die SLK kann jedoch bindende Empfehlungen an Unternehmen aussprechen, welche dagegen verstossen. Werden Empfehlungen nicht umgesetzt, kann die Beschwerde mit Nennung des Unternehmens öffentlich publiziert werden.

2. Anpassung Schweizerisches Bundesgesetz gegen unlauteren Wettbewerb mit einem Greenwashing-Zusatz

 

Mit der erneuten Anpassung des CO2-Gesetzes hat das schweizerische Parlament das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) mit einem Greenwashing-Zusatz versehen. Art. 3 Abs. 1 lit. x UWG wird wie folgt ergänzt: Unlauter handelt, «wer Angaben über sich, seine Werke oder Leistungen in Bezug auf die verursachte Klimabelastung macht, die nicht durch objektive und überprüfbare Grundlagen belegt werden können».

 

Diese Änderung verlagert die Beweislast auf die Unternehmen, so dass es verboten ist, vage oder unbegründete Behauptungen wie «CO2-neutral» oder «nachhaltig» ohne konkrete Beweisführung aufzustellen. Das angepasste Gesetz tritt per 1. Januar 2025 in Kraft. Verstösse gegen das Gesetz können zivil- und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

3. EU-Richtlinie über grüne Werbeaussagen «Green Claims Directive»

 

Die EU bringt zwei Richtlinien gegen Greenwashing auf den Weg. Die übergeorndete Richtlinie gegen unfaire Geschäftspraktiken und die daran anknüpfende Green Claims Directive. Die letztere Richtlinie spezifiziert hohe und standardisierte Anforderungen an die Kommunikation und Nachweisbarkeit von grünen Behauptungen:

 

  • Klare, belegte Umweltaussagen: Allgemeine Umweltaussagen wie «umweltfreundlich», «natürlich», «biologisch abbaubar», «klimaneutral» oder «öko» werden verboten, sofern diese nicht nachgewiesen werden.
  • Reduktion vor Kompensation: Die Behauptung ein Produkt/Unternehmen habe alleinig aufgrund von CO2-Kompensationsmassnahmen ausserhalb der Wertschöpfungskette neutrale, reduzierte oder positive Auswirkungen auf die Umwelt, wird verboten.
  • Standardisierte Bewertungskriterien: Unternehmen müssen zukünftig wissenschaftlich fundierte und allgemein anerkannte Methoden verwenden, um die Umweltauswirkungen ihrer Produkte zu bewerten und zu kommunizieren.
  • Regulierte Nachhaltigkeitslabels: Künftig sind nur noch Labels erlaubt, die auf offiziellen Zertifizierungssystemen beruhen oder von staatlichen Stellen eingeführt worden sind.
  • Verifizierung und Durchsetzung: Green Claims müssen durch unabhängige Drittexperten freigeben werden. Es werden strengere Kontrollen und Sanktionen für Unternehmen eingeführt, die falsche oder irreführende Umweltversprechen machen.

 

Die Richtlinie gegen unfaire Geschäftspraktiken wird aller Voraussicht nach im dritten Quartal 2026 in allen EU-Mitgliedsstaaten in Kraft treten. Bis Ende 2024 sollen die Verhandlungen über die verabschiedete Vorlage zur Green Claims Directive abgeschlossen sein. Nach der Umsetzung in die Gesetzgebungen der EU-Mitgliedsstaaten tritt sie spätestens 2028 in Kraft. Die beiden Richtlinien sind für Schweizer Unternehmen relevant, die ihre Produkte oder Dienstleistungen in die EU exportieren.

4 Tipps, um Greenwashing in Ihrem Unternehmen zu erkennen und zu vermeiden

  • Lesen Sie die Richtlinie der Schweizerischen Lauterkeitskommission zu Green Marketing. Die aufgeführten Prinzipien orientieren sich an den künftigen EU-Richtlinien und die drei Seiten sind rasch gelesen.
  • Lesen und verdauen Sie die ausführliche EU Green Claims Directive in kleinen Häppchen. Die Richtlinie gibt wichtige Hinweise, wie Greenwashing in den kommenden Jahren bekämpft werden soll.
  • Überprüfen Sie die Hauptbotschaften Ihrer Nachhaltigkeitskommunikation mit dem Greenwashing-Schnelltest von Polarstern. Durch die Beantwortung weniger Fragen können Sie erkennen, ob Ihre Kommunikation mit den zugrundeliegenden Umweltmassnahmen übereinstimmt.
  • Verankern Sie Greenwashing bzw. glaubwürdige Kommunikation in Ihrem Unternehmen. Schulen Sie Ihr Marketing- und Kommunikationsteam in den aktuellen gesetzlichen Anforderungen und wie sie diese einfach einhalten können (vgl. Polarstern Workshopangebot). Ergänzend helfen klare Verantwortlichkeiten, Prozesse und Sprachleitläden Greenwashing systematisch zu vermeiden.

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